Westerwälder Kühe sollen
gentechnikfrei fressen
Evangelische
Landjugendakademie lud Landwirte zu Diskussion ein - Initiative sucht Konsens
mit Bauernverband
ALTENKIRCHEN. "Die
Initiative "Gentechnikfreie Region Westerwald" hat doch in der Hauptsache ein
Interesse daran, ein möglichst flächendeckendes Ergebnis zu erzielen. Also
sollten wir versuchen, den Bauernverband mit ins Boot zu nehmen." Der
Renneroder Landwirt Peter Doppstadt fasste zusammen, was sich in einer langen
und engagierten Diskussion, zu der jetzt die evangelische Landjugendakademie in
Altenkirchen eingeladen hatte, heraus kristallisiert hatte.
Von Gentechnikgegnern, auch
Doppstadt gehört dazu, bis zu Gentechnik-Befürwortern reichte die Bandbreite
derer, die sich zu der Veranstaltung eingefunden hatten. Zwar waren nur rund 15
Landwirte aus dem Westerwald und von der Rheinschiene dazu bereit gewesen,
sich auf eine Diskussion einzulassen,
doch konnte die Versammlung am Ende ein Ergebnis verzeichnen: Zwei
Selbstverpflichtungserklärungen für Landwirte wird es in Zukunft geben,
herausgegeben vom hiesigen Bauernverband sowie der "Initiative Gentechnikfreier
Westerwald". Ihr Inhalt: der Verzicht auf Gentechnik in der heimischen
Landwirtschaft. Doch da hören die Gemeinsamkeiten zwischen Initiativmitgliedern
und Bauernverband Neuwied, Altenkirchen, Westerwald fast schon auf. Denn
erstere legten und legen Wert auf eine konsequente Ablehnung sowohl des
gentechnisch veränderten Saatgutes als auch der Forschung in diesem Bereich,
während letztere die Chance, die so genannte "Grüne Gentechnik" zu erforschen,
unbedingt erhalten möchten.
"Wir möchten, dass auch
unsere Kinder und Kindeskinder noch Bauern sein können", argumentierte ein
Gentechnik-Befürworter, und "Deutschland ist sonst nicht mehr
wettbewerbsfähig", ein anderer. Insbesondere Markus Mille, Geschäftsführer des
Bauern- und Winzerverbandes Kreise Neuwied, Altenkirchen, Westerwald plädierte
für die innerhalb seiner Organisation ausgearbeitete Version der freiwilligen Selbstverpflichtungserklärung,
die ausdrücklich die Gentechnik-Forschung unterstützt, aber auf einen Einsatz
im Westerwald in den kommenden zwei Jahren verzichten möchte. Außerdem soll mit
der Erklärung ein mögliches Haftungsrisiko für den Bauern minimiert werden, so
Mille.
Auch die Erklärung der
"Initiative Gentechnikfreier Westerwald", die
inzwischen weit über 100 Landwirte mit ca. 8000 ha landwirtschaftlicher
Nutzfläche unterschrieben haben, sieht einen bis 2006 befristeten
Verzicht auf die Ausbringung gentechnisch veränderten Saatguts vor. Dann soll
erneut entschieden werden, ob die Aktion verlängert wird. Zudem beharrten die
ökologisch wie auch die zahlreichen konventionell arbeitenden Landwirte der
Initiative - viele davon selbst Mitglieder im Bauernverband - auf einem Passus
des Schriftstückes, der auch die Forderung an die Futtermittelindustrie
nach einer ausreichenden Menge an gentechnikfreien Futtermitteln erhebt.
Diese Vereinbarung findet sich in dem Vertrag des Bauernverbandes dagegen nicht
wieder, legte Dietmar Eschemann dar, von Anfang an ein engagiertes Mitglied der Initiative
und selbst Öko-Bauer in der Milchproduktion. Er fasste außerdem als
Bereicherung für die Diskussion die Ergebnisse einer Tagung zusammen, die
kürzlich in Berlin mit internationaler Beteiligung statt gefunden hatte. Dort
waren Risiken - die Gesundheit der Lebewesen und die Artenvielfalt etwa - und
auch Chancen der Gentechnik - kurzfristige Produktionssteigerung in
Armutsregionen und Resistenz gegen Schädlinge - eingehend diskutiert worden.
Die Argumentation gegen GVO
(gentechnisch veränderte Organismen) erhielt in Altenkirchen durch die
Moderatorin des Abends, Dozentin Claudia Leibrock von der evangelischen
Landjugendakademie, in gewisser Weise Unterstützung. Die Agrarexpertin führte
an, dass Nahrungsmittelkonzerne wie Unilever,
Coca-Cola und auch Südzucker bereits Gentechnik-Produkte aus der Landwirtschaft ablehnten. Claudia Heland
|